Donnerstag, 4. Februar 2010

Ein Traum von Liebe

Ich wünsche mir etwas, das ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Es ist lange her und ich frage mich, ob ich es überhaupt noch einmal erleben darf. Ich formuliere meinen Wunsch ins Dunkle, lautlos, denn meine Stimme ist noch immer ungehört geblieben. Wer würde mir schon zuhören?

Über mir sind gerade die Sterne aufgegangen. Der ganze Himmel ist voll davon. Es ist ein schönes Bild, romantisch gar. Alles funkelt und blink und glitzert auf mich nieder. Aber, was nützt mir schon die Liebe in Gedanken? Es gibt Träume, die bleiben wohl unerfüllt. Sehnsüchtig blicke ich hinüber zum Stadtrand. Mir scheint, dass die Stadt nachts nur Licht anmacht, damit ich sie auch noch im Dunkeln erkennen kann; damit ich weiß, dass sie noch da ist. Irgendwer in dieser großen Stadt könnte mir meinen Traum erfüllen. Beim Gedanken daran macht mein kleines, im Lauf der Jahre düster gewordenes Herz einen Sprung und ich beginne leicht zu zittern. Ich bin so voller Vorfreude, dass ich mich leicht im Wind zu wiegen beginne.

Er trägt mir vom Horizont, dort wo die Stadt beginnt, Töne und ab und zu sogar Liebesweisen herüber. Die Stadt verhöhnt mich dabei aber auch manchmal ungeniert. Sie hat alle Liebenden bei sich aufgenommen, nur mich nicht. Am Firmament sehe ich, wie sich der beleuchtete Schatten der Stadt in den Sternen spiegelt, und die Sterne sich wiederum in der Stadt brechen. Es ist so ein vollkommenes Bild, sodass ich fast weinen muss. Ich beneide die Stadt um all die Liebespaare. Jeden Morgen erhebt sie sich neu, langsam, wie aus heilendem Schlaft – und mit ihr die Pärchen, wenn diese nicht gar wach geblieben sind. Vielleicht haben sie sich in den Armen gehalten. Vielleicht haben sie am Fenster gestanden, Arm in Arm, als alles schlafen ging, und haben in meine Richtung hinaus gesehen. Und ich war umgeben von der Dunkelheit und blieb völlig still dabei.

Ich sehe zu, wie der große Wagen in Richtung Stadt Fahrt aufnimmt und schicke meinen Wunsch mit ihm auf den Weg. Ich träume von Liebe. Ich wünsche mir etwas, das ich wohl sobald nicht sehe. Früher kamen die Liebenden oft aus der Stadt in den Wald und küssten sich verliebt unter meinen Zweigen. Meine Äste strichen über sie, wie eine zarte Berührung und keiner der Beiden kann bis heute genau sagen, ob es nicht doch die Berührung des geliebten Gegenübers gewesen ist.

Jetzt huschen nur noch scheue Häschen über meine Wurzeln, aber sie bleiben nie, sie sind in Eile. In meinen kahl werdenden Ästen bauen keine Vögel mehr ihre Nester, weil sie in den Süden aufgebrochen sind und nicht mehr hierher zurück kommen. In meinen lichten Baumkronen säuselt der Wind von vergangenen Zeiten. Er erzählt mir von der Stadt und den vielen Menschen, die so einsam sein sollen, wie ich. Aber ich kann seinen Geschichten keinen Glauben schenken, denn er erzählt mir auch davon, dass die Stadt immer näher an den Wald heranrücken uns es den Wald bald nicht mehr geben wird.

Wenn das stimmt, dann wünsche ich mir nur umso sehnlicher, noch einmal die Liebe mit eigenen Augen zu sehen.