I
n der Schule sind viele damit "gequält" worden, ich habe "Faust" geliebt. Daher konnte ich auch jüngst nicht widerstehen, als ich ein Buch entdeckte, das "
Faust und Gretchen - Eine schicksalhafte Liebe" heißt. Susanne Alberti hat darin eine "moderne" Version der Gretchentragödie aufgeschrieben. Weil sie mit der Eindimensionalität der Goethe'schen Darstellung nicht zufrieden war. Sie erzählt von Gretchens Vorgeschichte - und das ist das Spannende daran. Tatsächlich fällt auf, dass man nur Fausts Sicht auf die Dinge kennt, Margarete aber bleibt bisher stumm. Alberti erzählt von der Zeit vor Margaretes Geburt, ihrem Elternhaus, dem Verlust des Vaters, dem großen Bruder Valentin, der bigotten Mutter und letztlich von der Begegnung mit Faust. Der hat hier einen konkreten Namen: Professor Doktor Doktor Heinrich Meissner; einen Teufel braucht es nicht, nur einen gewitzten Franzosen.
Überhaupt, in Albertis Roman sind die altvertrauten Figuren plötzlich neu: Valentin ein besorgter Bruder, die Mutter zu gläubig und Faust eher lüstern und unmotiviert, als auf der Suche was die Welt im Innersten zusammen hält. Marthe, die Taufpatin und Nachbarin, ist keine alte Kupplerin, sondern eine aufgeklärte Frau.
Ein spannender Ansatz also, losgelöst von der Teufels-Thematik, dennoch mit gleichem/identischem Ausgang: Margarete tötet das Kind, das sie von Heinrich empfangen hat und begeht letztlich, vor ihrer Hinrichtung, Selbstmord.
Leider gibt es, aller Neuerungen zum Trotz, kein besseres Bild, das am Ende von Margarete bleibt. Sie bleibt ein flacher Charakter, ohne Tiefgang, sodass man sie auch in der "modernen" Version ihrer Tragödie nicht richtig bedauern kann.
Susanne Alberti
Faust und Gretchen - Eine schicksalhafte Liebe, Weltbild Verlag
978-3828975354