Endlich ist es wieder soweit - Bibliophilin und ich setzen unsere Zusammenarbeit fort. Ich freue mich sehr, dass Dorota mich wieder eingeladen hat, BĂŒcher fĂŒr sie zu lesen und zu rezensierren. Dieses Mal habe ich den "Damenroman" "Was ĂŒbrig bleibt" von Sigrid CombĂŒchen gelesen. Die Rezension gibt es bei Bibliophilin - einfach auf den Link klicken!
Ich freue mich auf die nĂ€chsten Rezensionen und danke wie immer meiner lieben Freundin Dorota, dass ich zu Gast sein darf. Ebenso danke ich allen fĂŒr ihr nettes Feedback zu dieser Rezension, denen die voran gegangen sind und den folgenden!
Was bleibt denn nun von dem, âWas ĂŒbrig bleibtâ, Frau CombĂŒchen? â
Viele Fragen und ein guter Roman

âWoher haben Sie dieses Foto?â wird die (fiktive) Autorin Sigrid C. gefragt. Sie hat einen Brief einer Ă€lteren Dame erhalten, die glaubt, sich und ihre Familie auf einem Foto wieder erkannt zu haben, das die Autorin in einem ihrer Romane beschrieben hat. Das Foto ist mittlerweile Teil einer (fiktiven) Geschichte, aber auch seiner wahren HintergrĂŒnde kann sich die Schriftstellerin nicht entziehen. Sie antwortet auf den Brief der alten Dame. Und es enspinnt sich vor den Augen der Lesenden eine Mischung aus Fiktion und RealitĂ€t. âFiktivâ ist ĂŒberhaupt ein zentrales Wort in CombĂŒchens dickem âDamenromanâ. Ăber diese Bezeichnung alleine muss man sich schon vor der LektĂŒre wundern â mir als Germanistin war diese Art der Literatur bisher nicht bekannt, und ich könnte auch nachdem ich das Buch gelesen habe definieren, was ein solcher Roman an Charakteristika aufweisen sollte. Vielleicht, weil in ihrer Romanwelt MĂ€nner zwar zentrale Rollen spielen, aber nur kleine Bedeutung beigemessen bekommen â oder umgekehrt. Dies aber nur am Rande, denn es trĂŒbt den schönen Roman nicht merklich und falls doch, dann beim Ăberlegen hinterher.
Was tatsĂ€chlich betrĂŒblich ist, sind Sigrid CombĂŒchens abschlieĂende Worte, dass alles Erfindung â also Fiktion gewesen sei. Sie schreibt dies mit einer NĂŒchternheit, die das entstandene Bild, das man sich vom Roman gemacht hat, trĂŒbt. Schade, dass die Autorin gleich zu Beginn eine ihrer Protagonistinnen sagen lĂ€sst: âWenn man Ă€lter wird, verliert man die Lust an erfundenen Handlungenâ. Denn wir Leser lassen uns ja nur zu gerne von all diesen berĂŒhren und gefangen nehmen â und das trifft nicht zuletzt auch auf Sigrid CombĂŒchens literarisches Schaffen zu. Stellt sich die Autorin und ihre Arbeit also selbst in Frage? Auch diese Ăberlegung bleibt am Ende, wenn der Leser reflektiert.
Vor allem aber bleibt die Geschichte, die CombĂŒchen lostritt. In einer Mischung aus ErzĂ€hlung und Briefwechsel verknĂŒpft sie die Geschichten der briefschreibenden Dame und der Schriftstellerin. Dabei erzĂ€hlt sie fast wie nebenbei vom Leben der Briefschreiberin, ihrem Schicksal und dem mysteriösen âWas ĂŒbrig bleibtâ. Auf diese (ErzĂ€hl-)Wiese könnte sie praktisch von jedem Leben schreiben. Sie macht klar: Jedes Leben ist wertvoll, wie es auch war. Fast melancholisch und beklemmend wirkt da der Titel des Romans und fordert auf, sich fĂŒr das eigene Leben Gedanken zu machen. Was, wenn Jemand ein altes Foto der eigenen Familie fĂ€nde und beschriebe? Wie sĂ€he das Fiktive aus, wie war die Wirklichkeit und was wĂ€re davon geblieben?
Nach langem Ăberlegen muss ich sagen, dass dies ein anrĂŒhrend kĂŒhler Roman war, der sich etwas schwerfĂ€llig anlĂ€sst (was gegebenenfalls darauf zurĂŒck zu fĂŒhren ist, dass es sich um einen Roman handelt, der ausnahmsweise aus dem Norden stammt und ĂŒbersetzt wurde, und bekanntlich liest sich das oft kĂŒhler, als die bekannten englischen/amerikanischen Ăbersetzungen).
âWas ĂŒbrig bleibtâvon Sigrid CombĂŒchen, Kunstmann Verlag, ISBN: 978-3-88897-747-3
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