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Dienstag, 7. Juni 2016

Den Tod betrügen, ist eine schlechte Idee


 DSC01626Den Tod betrügen, ist eine schlechte Idee. Das erfährt auch der brummige Brandner Kaspar. Reinhard Mahlberg verkörpert ihn unsympathisch und sympathisch zugleich. Ganz anders, als ich es von ihm gewohnt bin. Darauf muss man sich erst einmal einstellen,  wie auf das gesamte Stück "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben" überhaupt. Denn es ist in bayerischer Mundart gehalten und daher schon erst einmal gewöhnungsbedürftig. Dass es gelingt, sich darauf einzulassen, dafür sorgt das NTM-Ensemble bestens. 
DSC01628Das Stück rangiert zwischen Komödie und Tragödie, das aber gelingt ihm perfekt. Die traurigen Aspekte werden von lustig-skurrilen Momenten abgelöst, aber am Ende klingen sie nach. Denn, den Tod überlistet zu haben, ist zwar der Traum der Menschheit, aber wie sinnig ist es, das fragt man sich am Ende.
 
DSC01616Der verschuldete Brandner Kaspar ist 72 Jahre mehr schlecht als recht durchs Leben gekommen, wahrscheinlich zum Teil auch hier nur mit miesen Tricks. Als eines Tages der Tod, der »Boanlkramer«, kommt, um ihn zu holen, weiß er ihn zu betrügen. Der Tod ist aber auch leicht zu betrügen, irgendwie ist er, wie die Bayern sagen würden, "a Depp", und Boris Koneczny verkörpert ihn wunderbar tollpatschig und irgendwie sogar liebenswert, ja sogar Mitleid hat man an einigen Stellen mit ihm. Und bei viel Kirschschnaps lässt er sich also von dem Alten um 18 Lebensjahre betrügen - mit ungeahnten Folgen für alle!
DSC01622Für den Brandner Kaspar beginnt ein Leben ohne Todesfurcht, denn ER kann ja nicht sterben... Aber seine geliebte Enkelin Marei (die, wie immer wunderbare Katharina Hauter, die für die 24-jährige Marei aber irgendwie zu erwachsen erscheint), die kann schon sterben. Und plötzlich findet sie sich im Vorhof zum Himmel wieder, mit allerlei irrwitzigen Gestalten (in Doppelrollen: Stefan Reck, herrlich: Jacques MalanSven Prietz und Almut Henkel).

DSC01618Aber auch dort bleibt der Trick bzw. Irrtum nicht lange unbemerkt und der Tod wird von Petrus aufgefordert, seinen Auftrag endlich auszuführen. Aber, Spielschulden sind schließlich auch zwischen Himmel und Hölle Ehrenschulden, Der Tod, an seine Spielschuld gebunden, muss nun seinerseits zu einer List greifen. Er lockt den Alten − nur zum »Anschauen«, wie er sagt, − in den Vorhof des Paradieses. Der Brandner Kaspar ist von der himmlischen Örtlichkeit so überwältigt, dass er unbedingt bleiben will. Doch zuerst muss das Himmlische Gericht über seine irdischen Sünden urteilen…DSC01620

Es gibt viele Szenen, die aus dem Stück hervor gehoben werden müssten, nicht zuletzt die absurden Szenen im Himmel (Halleluja an dieser Stelle an Jacques Malan, er weiß schon, warum).
Aber auch das Bühnenbild verdient besondere Erwähnung. Es mag mühsam sein, dem Bayerisch zu folgen und ein wenig unzufrieden geht man mit dem Ende des Stücks nach Hause, aber das, ist es alle Mal wert!
Termine und Karten für das Stück gibt es hier: http://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=2274 


Sonntag, 1. Mai 2016

Rein oder nicht rein (gehen und "Hamlet" sehen)?

DSC_0001Um die Frage in der Überschrift zu beantworten: Ganz klar rein gehen und Hamlet im Nationaltheater Mannheim sehen. Zuvor allerdings die Erwartungen an den Shakespeare-Stoff zurück schrauben! Dann wird es ein erstklassig gespielter und unterhaltsamer Abend. Wer aber kommt, um Shakespeare zu sehen, der ist hier leider an der falschen Adresse und könnte möglicherweise ein wenig pikiert sein, über die "Verfremdung", die das Stück hier erfährt.
Das lässt schon der Aufbau des Bühnenbildes erahnen, das an eine weiße Halfpipe aussieht und ansonsten eher karg ist.  Übermütig tollen Hamlet und Ophelia herum. Wunderbar verrückt und so fesselnd, spielt Julius Forster seinen Hamlet, der meistens dem Wahn näher ist, als dem Leben. Schon er alleine macht dieses Stück sehenswert. Ein Glück, dass seine (Spiel-)Partnerin die unvergleichliche Katharina Hauter ist. Ihre Ophelia ist auf ihre ganz eigene Art so zart und verletzlich. Mitten hinein in das unbeschwerte und doch melancholische Dasein der beiden, platzt das Erscheinen des Geistes von Hamlets Vater (Klaus Rodewald). Was muss ich noch an Worten über Klaus Rodewald sagen? Sobald er die Bühne betritt, dominiert er sie auch. Wenn er auch in Forster einen nicht weniger präsenten Spielpartner hat.
DSC_0002Der Vater von Hamlet ist plötzlich gestorben. In dieser Version ist er kein König, sondern ein Firmenmogul. Der Geist behauptet nun, sein Bruder, also Hamlets Onkel, habe ihn ermordet. Und er fordert Rache durch seinen Sohn. Onkel Claudius (Stefan Reck, viel zu nett für einen Schurken!) hat inzwischen Hamlets Mutter Gertrud (Anke Schubert, großartig kaltherzig) geheiratet und übernimmt mit ihr die Leitung der Firma. Hamlet, desinteressiert daran und dennoch der rechtmäßige Erbe, wird zunehmend eifersüchtiger auf die Mutter, ihr neues Glück, dass sie so einfach den Vater vergessen hat - und wahnsinniger wird er im gleichen Maß. Sein Wahn reißt sie schließlich alle zusammen in den Abgrund, auch Ophelias Vater Polonius (Edgar M. Böhlke, erinnert in seiner Erscheinung an Blacky Fuchsberger) und die bezaubernden "Wachhunde" Rosencrantz (Matthias Thömmes, sehr 90er Jahre!) und Guildenstern (Sven Prietz, niedlich hözern), das schwule Pärchen, das am Ende des Stücks mein ganzes Mitgefühl erregt hat.
Helena Daehler, die das Stück nicht nur musikalisch umrahmt, ist nicht nur Rahmen, sondern wirkt aktiv im Geschehen mit. Das ist am Anfang etwas verwirrend, da sie keine "klassische" Rolle übernimmt, sondern immer sie selbst bleibt. Ihr Erscheinen reiht sich aber ein in die Reihe ihrer Auftritte der Stücke, u.a. bei Emilia Galotti. Ihre Lieder auf Schwiizerdütsch gehören schon fast zu den Stücken von Elmar Goerden dazu.
DSC_0003Ich mag zu modern inszenierte Stücke eigentlich nicht. Aber trotz allem muss ich zugeben, dass ich fasziniert bin von dieser Version. Mein Highlight, da unerwartet und unverschämt witzig, war die Tischrede Hamlets am Weihnachtstag; im Stück unbedingt darauf achten...
William Shakespeares wohl berühmteste Tragödie, uraufgeführt 1601, zeigt eine Welt, die aus den Fugen gerät, und in der die Grenzen zwischen Realität, Intrigentheater und Verfolgungswahn verwischen. Und daran hält sich auch Goerden, auf seine Weise.
Gut, dass es in der Ankündigung daher gleich "nach William Shakespeare in der Fassung von Elmar Goerden" heißt.

Montag, 4. April 2016

Zeit ist die größte Entfernung zwischen zwei Orten

DSC_0001 (1)"Zeit ist die größte Entfernung zwischen zwei Orten", so heißt es im Drama von Tennessee Williams "Die Glasmenagerie", ein Stück, das ich in der Universität gelesen und sofort geliebt habe. Umso gespannter war ich auf die Umsetzung des Nationaltheaters Mannheim. Ein wenig skeptisch war ich, das gebe ich zu. Bei der Betrachtung des Bühnenbildes, das eine langgezogene Sitzreihe mit Klappstühlen wie in einem Diner oder einer Bahnhofswartehalle, trist und wenig einladend, vollgestopft und doch leer - wie das Leben der Familie Wingfield eben.St. Louis in den 30er Jahren. Es ist  eine trostlose Zeit für die drei Familienmitglieder der Familie Wingfield, die jeder für sich ihren Problemen nachhängen und damit ungewollt den jeweils Anderen zur Last und nahezu unerträglich werden.
Mutter Amanda (fast schon zu sexy: Ragna Pitoll) kann zwei Dinge nicht verwinden: Den verschwundenen Ehemann, für den sie alle (besseren!) Bewerber abblitzen ließ und den Verlust ihrer Jugend und ihres einstigen Glanzes, ja, nahezu Ruhms. Sie möchte dieses Leben für ihre Kinder, die aber eigentlich etwas ganz Anderes wollen. Sohn Tom hält sich mit einer unwürdigen Arbeit in einer Fabrik über Wasser (und damit auch den Rest der Familie). Eigentlich ist er ein Dichter, Autor, Poet, ein Künstler, viel zarter besaitet noch als seine (körperlich) behinderte Schwester Laura. Matthias Thömmes und Anne-Marie Lux geben ein wunderbar harmonisches Geschwisterpaar ab, fast schon zu harmonisch, sodass sich auch hier wieder, wie im Williams' Drama, der Eindruck verfestigt, die einzig wahre Liebe für Tom und Laura wäre die unter den beiden Geschwistern.
Lux, am Anfang vielleicht ein wenig zu laut für die eigentlich zarte Laura, findet sich aber in ihre Rolle und gibt der jungen Frau Charakter, den Laura immer zu leugnen versucht. Thömmes reicht nicht ganz an den Charme von Sam Waterston heran, den ich immer mit Tom verbinde, gibt ihm aber ein ganz neues Selbstbewusstsein. 
DSC_0003Während Laura nicht mehr zum Steno-Kurs geht und sich lieber zu Hause einschließt, Jungmädchenträume träumend und eine Menagerie an Glasfigürchen pflegend, treibt es Tom hinaus. Doch die Mutter möchte gerne beide Kinder unter der Haube sehen - idealerweise lukrativer als ihre eigene Verbindung. Also bringt eines Abends Tom seinen Arbeitskollegen Jim O'Connor mit (Martin Aselmann, gibt Jim die nötige Unseriösität durch nervöses Lachen und dem bleibenden Eindruck, dass er selbst diesen Typen nicht so ganz ernst nehmen kann). Jim ist Lauras Jugendschwarm - und irgendwie auch der Schwarm der restlichen Familie. Dieser eine Abend ist das einschneidende Erlebnis im Leben der Wingfields, für alle wird danach nichts mehr so sein, wie es war. 
Es ist sehr bewegend und intensiv, den Vieren auf der Bühne zu zusehen, wie sie sich durch das Leben der Wingfields/O'Connors quälen, musikalisch untermalt wird es aber nicht zäh. Wie in der Verfilmung aus dem Jahr 1973 verfalle ich auch hier dem traurig-schönen Zauber der Geschichte. Eine besonders schöne Hommage an Tennessee Williams im Stück übrigens gleich zu Beginn. Mein bisheriges Theater-Highlight 2016. 
https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=1593

Mittwoch, 11. November 2015

Der Mensch Faber

Walter Faber ist Techniker mit Leib und Seele, wobei er an die Seele nicht so recht glauben mag. Wie gesagt, er ist Techniker. Aber auch in seiner Brust wohnt mehr als ein Walter Faber, nämlich der Mensch, der Vater, der Mann und eventuell einer, der lieben kann. Daher verwundert es nicht, dass im Nationaltheater Mannheim gleich vier Walter Faber auf der Bühne stehen. 

»Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Wieso Fügung?« (Walter Faber)

Ein wenig verwirrend ist das teilweise schon, wenn  Michael Fuchs (mit vollem  Körpereinsatz der sympathischste Faber, wenn auch ein bisschen weniger Nacktheit nicht schlecht gewesen wäre), Jacques Malan (vielleicht der beste "alternde" Faber, Boris Koneczny (mit Abstand der emotionalste Faber) und der wunderbare Reinhard Mahlberg mit der unverwechselbaren Stimme. Er ist der  überzeugendste, glatteste Faber, dennoch gleichen sich alle vier zu sehr, um sich drastisch abheben und einen Charakter Fabers hervorheben zu können; alle auch Nebenfiguren Herbert, Williams, ein Kellner und der Jugendfreund Joachim.

DSC_0004Wunderbar lasziv, Almut Henkel, mal als Fabers Freundin Ivy, dann tough als allein erziehende Mutter von der gemeinsamen Tochter mit Faber, Hanna. Ein wenig zu aufsässig, zu wenig verletzlich, Carmen Witt als Sabeth, die das alles aber wieder durch ihren Charme und ihre wunderschöne Singstimme wieder ausgleicht. 

"Ich hatte ganz vergessen, dass jemand so jung sein kann" (Walter Faber)

Der Schwerpunkt des Stückes nach dem Roman von Max Frisch liegt in Mannheim ganz klar nicht auf der verbotenen Liebesbeziehung zwischen Vater und Tochter, sondern vielmehr auf der Person Walter Faber. Sympathischer wird er dadurch nicht, auch verliert Sam Shepards Verkörperung in der Verfilmung von 1991 nicht an Anziehungskraft. Ganz schafft es das Stück nicht an diese Verfilmung heran, irgendwie fehlen die Gänsehautmomente und dennoch hat es gefallen. Vergleiche sind hier ohnehin nicht angebracht, eine Entscheidung zwischen den beiden unmöglich. Immer wieder will ich danach das alte Schulbuch aus dem Regal nehmen und wieder eintauchen in die kalte, tragische Welt des Menschen Faber.

http://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=1961

Sonntag, 2. August 2015

Das Leben ein Phantom

DSC00384Eigentlich haben sie längst Feierabend, die fünf Mitarbeiter des Schnellrestaurants irgendwo in Deutschland. Einer muss seinen Bus nach Hause bekommen, die anderen sind ein wenig sauer. Dann aber finden sie beim Aufräumen ein Baby. Ist es vergessen oder absichtlich zurück gelassen worden? Vor allem, von wem? So beginnt das Stück "Phantom (Ein Spiel) (UA)", bei dessen Uraufführung/Vorabpremiere im Nationaltheater Mannheim im Julis 2015 ich glücklicherweise zugegen sein durfte. 
In einer Kulisse, die eigentlich eher auf das Werkhaus hindeutet, im Verlauf des Stückes jedoch ihre Notwendigkeit unterstreicht, überlegen die fünf Schauspieler fieberhaft, wie es dazu kommen konnte, dass das kleine Mädchen sich selbst überlassen wurde. DSC00385Im Zentrum ihrer Überlegungen steht schnell eine phantomhafte Frau, die sie Blanca nennen. Höchstwahrscheinlich ist sie Ausländerin. Doch ihre Beweggründe können vielfältig sein. Ist sie in der Hoffnung auf Arbeit nach Deutschland gekommen, dann in Bedrängnis geraten? Es ist eine Geschichte, die nicht nur erzählt, sondern die vielmehr konstruiert und rekonstruiert, heißt es auf der Website des NTM. Daher braucht man als Zuschauer einige Zeit, um sich in das Stück einzufinden. 
Carmen Witt spielt ihre Blanca gebildet und vielleicht ein wenig zu erfolgsorientiert, die ziemliches Glück im Unglück hat, und fest daran glaubt, in Deutschland Fuß fassen zu können. Sie versucht Klischees zu trotzen und begegnet dem leibhaftigen Klischee in Form von Sabine Fürst. Ihre Deutsche ist eine stereotype Hartz-IV-Empfängerin mit schnodderigem (aber lustigem) Rheinländischem Dialekt, ein wenig einfach im Geiste, und letztlich in diesem Gedankenspiel genauso Phantom und potenzielle Kindsaussetzerin. 
DSC00386In diverseren Rollen spielen Almut Henkel (mit ganz eigener Komik und Ernsthaftigkeit), Boris Koneczny (eher der [stille] Vater des Stücks und Julius Forster (wie auch bei "Die Räuber" genial überzogen, aber auch mit ruhigen Ecken und Kanten). Sie alle sind Blanca oder Teil ihres Schicksals. Und letztlich gehen wir Zuschauer mit der Frage nach Hause: Sind wir nicht alle eine "Blanca" - ein Phantom im Leben?
Im Zentrum steht eine Frau, nennen wir sie Blanca, es ist die Frau aus dem unbekannten Land, die Frau mit den vielen Sprachen, die Bulgarin, die Kroatin, die Romni, die Nicht-Deutsche … − ganz wie es uns gefällt …, die Missbrauchte, die Täterin, die Kluge, die Naive, die Ausgebeutete, die Taffe … Wir begleiten Blanca auf ihrer spannenden Reise in ihr neues Heimatland. Dabei werden wir konfrontiert mit den Überlebensstrategien von Menschen, die sich durchbeißen, und erfahren gleichzeitig viel über uns selbst und die  gesellschaftlichen Werte, Zuschreibungen und sozialen Rollen, die wir längst verinnerlicht haben, so das Nationaltheater in seiner Beschreibung des Stücks. Und diese trifft das Gesehene ziemlich genau. Wir lachen über Klischees, weil wir sie verinnerlicht haben - wir verurteilen deshalb gleichermaßen. Termine
Während der Einführung vor Beginn des Stücks war ich grenzwertig neugierig. Von der Aussicht auf ein eher politisches Stück, war ich nicht wirklich begeistert. Nach zehn Minuten jedoch hatten sie mich, diese fünf auf der provisorisch anmutenden Bühne. Ich habe gelacht, mich fremdgeschämt, mitgedacht und war letztlich von ihrer Lösung genauso überrascht, wie ich es wohl sein sollte (aber nicht erwartet hatte). Bei allem Spaß regt das Stück dennoch zum Nachdenken an. Es ist aktuell wie nie, brisant und Auftakt für die thematische Reihe einiger Stücke, die uns in der kommenden Spielzeit im Nationaltheater Mannheim erwarten werden. 
Daher also mein Ratschlag für den Herbst: Hingehen!
https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=2263

Montag, 13. Juli 2015

Räuber in der Krise

DSC00374Fast fühlt es sich so an, als wäre man im Mannheim des Jahres 1782, dem Jahr, in dem Schillers "Die Räuber" dort im Nationaltheater uraufgeführt wurde. Die Zuschauer sind unruhig, das Stück ist es auch - und ehrlich gesagt weiß auch ich dieses Mal nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Sehenswert und ein absolutes Muss ist das Stück in der Inszenierung von Calixto Bieito in jedem Fall, vielleicht gewollt angelehnt an die Inszenierung damals, welche von den Einen als skandalös empfunden wurden, von den Anderen als genau angebracht, nicht zuletzt wegen der kritischen Haltung dem Feudalsystem gegenüber.
So also auch im Jahre 2015 in Mannheim. Schiller, das wissen wir, kann dieser Inszenierung nicht mehr heimlich beiwohnen, aber er hätte sicherlich seine Freude daran gehabt (nicht zuletzt wegen der Spaltung des Publikums). Die Bühnentechnik ist überwältigend und viel - da bewegt sich ein Haus über die Bühne, im Hintergrund gibt es "Wald- und Wiesenszenen" auf Leinwand und mittendrin ergießt sich ein Regen über die Schauspieler. Das ist es allemal wert, das gut zwei Stunden lange Stück zu sehen. (Wem das nicht reicht: Es gibt auch nackte Haut zu sehen...) Vor allem aber hat mir der Schwerpunkt dieser Inszenierung gefallen. Es geht nicht nur um das Räubersein, sondern viel mehr um den Konflikt der ungleichen Brüder, ihre Konflikte untereinander, mit dem Vater, der Liebe und dem Leben. Dieser Fokus gibt dem Stück neue (ungewohnte) Dramatik. 
Hier ist Vater (und [prügelnder] Pater!) Graf von Moor kein liebenswerter Alter, dem das Herz durch den intriganten Zweitgeborenen gebrochen wird. Jacques Malan hat etwas Dunkles, es wird fast verständlich, dass sein Sohn Franz in diesem Mann nach Liebe sucht. Denn Franz (verletzlich, lüstern und einsam: Sascha Tuxhorn) sieht sich gegenüber seinem älteren Bruder Karl (nicht nur von der Natur) benachteiligt. So intrigiert er mehr aus Verzweiflung denn aus Hass gegen diesen. Er unterschlägt seinem Vater ein Reuegesuch des Bruders, der es während des Studiums in Leipzig wild getrieben hat. Eingelullt durch den Jüngeren, verstößt Maximilian seinen Karl und Franz wird Alleinerbe. Nun beginnt das eigentliche Drama: Franz verzweifelt, denn er kann nicht mehr zurück kehren zu seiner Familie und seiner Geliebten Amalia. Er geht in die böhmischen Wälder, wird (aus Verzweiflung?) ein Räuber und Mörder. Und Franz versucht, seinen Vater zu töten und Amalia für sich zu gewinnen. Karl (mal wild, mal sanft, eben (k)ein echter Räuber: David Müller) fühlt sich in der Rolle des Räuberhauptmannes aber nur solange wohl, bis die Gewalt in der Bande überhand nimmt. Mit dafür verantwortlich sind vor allem Julius Forster (herrlich psycho) und Boris Koneczny (ein aalglatter, böser Spiegelberg). [Und ja, es sind sehr "moderne" Räuber...] Karl will zurück, nicht zuletzt, als ihn eine Begegnung mit einem neuen Räuber an seine geliebte Amalia erinnert (beide Rollen, was soll ich sagen, die vielseitige und wunderbare Katharina Hauter). Doch Karls Rückkehr nach Hause endet mit Toten...
schiller
Klischeehaft ist es ja schon ein wenig, das Drama, dessen zentrales Motiv der Konflikt zwischen Verstand und Gefühl, zentrales Thema das Verhältnis von Gesetz und Freiheit, hier unter das Leitmotiv eines Familienkonfliktes dar zustellen. Es mag nicht Jedermanns Sache sein, sorgt daher für Unruhe und gespaltene Meinungen, wie einst Schiller selbst. Ein Stück, über das es noch so Vieles zu sagen gäbe, das aber am Ende doch eher sprachlos macht.
„Was Medikamente nicht heilen, heilt das Messer; was das Messer nicht heilt, heilt das Feuer; was aber das Feuer nicht heilt, das muss als unheilbar betrachtet werden.“ 
Die Räuber - IM RAHMEN DER 18. INTERNATIONALEN SCHILLERTAGE 2015: https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=1969

Donnerstag, 11. Juni 2015

Schiller2go, auch zum Mitwalken

#schiller2go: Mit Schiller unterwegs, frei übersetzt, oder wortgetreuer: Schiller zum Mitnehmen, das gab es am 10.6.2015 in Mannheim. Ein Trupp von 20 wackeren Bloggern, Instagramern und Twitterer hatte sich, auf Einladung des Nationaltheaters Mannheim, auf die Spuren von Schiller begeben. Und es war ein großartiger Tag (aber auch einer mit gewaltigen Fußmärschen)! An dieser Stelle muss zunächst den Organisierenden gedankt werden, ich bin wirklich froh, dass ich dabei sein durfte! 
Der #Blogwalk begann im Benjamin-Franklin-Village. Dramaturgin Lea Gerschwitz führte DSC00083über das verlassene Gelände. Ein wirklich spannender Ort, der so viele Geschichten erzählt. DSC00084DSC00085DSC00088DSC00089DSC00091DSC00092DSC00094DSC00095DSC00097DSC00100DSC00101




































DSC00102 - Kopie Mit der Bahn ging es dann in die Stadt bis zum Ehrenhof der Universität Mannheim. Unser persönlicher Schillerguide Alexander Wischniewski erwartete uns bereits. Ungemein sympathisch und witzig erfuhren wir Wissenswertes und Neues über Schiller, Mannheim und das Schloss. Und obgleich es meine Alma Mater ist, habe sogar ich staunend neuen Fakten gelauscht.
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 Letzte Station der Tour war dann das Nationaltheater. Und hier wurde es dann besonders, denn wir durften über den Bühneneingang hinein schnuppern in die Welt des Theaters und durften sogar die Bühne betreten! 
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Und sogar in den Bunker hat es uns im Theater verschlagen. Dort gibt es einen ganz besonderen Raum, den "Magic Room",  voller spannender Dinge... 
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Am Ende eines langen und ereignisreichen Tages rasteten wir schließlich im Casino und genehmigten uns einen Schiller-Drink. DSC00156DSC00158DSC00159
Es war großartig, all die wunderbaren Bekanntschaften zu knüpfen und ein klein wenig wunderbarer, das alles erleben zu dürfen. Nochmal DANKE für den tollen Tag.
Dieses Mal sollen vor allem Bilder von diesem wunderbaren Tag erzählen und Euch Lust machen, die 18. Schillertage zu besuchen. Dieses Mal widmet man sich ganz nach dem Freidenker Schiller der Frage, wie offen Gesellschaften tatsächlich sind. Sind geschlossene Gesellschaften elitärer? Wie wichtig ist Freihiet - heute und damals. Besondere Beiträge zum Festival liefert das Gastland Afrika, u.a. auf dem Gelände des Benjamin-Franklin-Villages. Besonderes Highlight, nach der Uraufführung von Schillers "Die Räuber" 1882 im Nationaltheater Mannheim, gibt es eine neue Inszenierung des blutigen Dramas. Ich werde sicherlich dabei sein.