
Herzlichen GlĂŒckwunsch, Ihr Lieben! Heute, am 23. April 2015 ist Welttag des Buches. Was wĂ€ren wir ohne BĂŒcher? DafĂŒr hat Christa Wolf eine wunderbare Antwort:
Tabula rasa (Auszug)
Leisten wir uns ein Gedankenexperiment. Eine Kraft, nicht nĂ€her zu bezeichnen, 480 lösche durch Zauberschlag jede Spur aus, die sich durch Lesen von ProsabĂŒchern in meinen Kopf eingegraben hat. Was wĂŒrde mir fehlen? Die Antwort ist nicht nur mörderisch; sie ist 485 auch unmöglich. Wenn sie einer geben könnte, wĂŒsste man Genaueres ĂŒber die Wirkung von Literatur. Beginne ich in mir abzutöten: das makellose, unschuldig leidende Schneewittchen 490 und die böse Stiefmutter, die am Ende in den glĂŒhenden Pantoffeln tanzt, so vernichte ich ein Ur-Muster, die lebenswichtige GrundĂŒberzeugung vom unvermeidlichen Sieg des Guten ĂŒber das Böse. Ich kenne 495 auch keine Sagen, habe mir nie gewĂŒnscht, an der Seite des hĂŒrnenen Siegfried dem Drachen gegenĂŒberzutreten; niemals bin ich vor einem Rauschen im finsteren Wald erschrocken: RĂŒbezahl! Die Tierfabeln habe 500 ich nie gelesen, ich verstehe nicht, was das heiĂen soll: âlistig wie ein Fuchsâ, âmutig wie ein Löweâ. Eulenspiegel kenne ich nicht, habe nicht gelacht ĂŒber die Listen der Schwachen, mit denen sie die MĂ€chtigen 505 besiegen. [...] Arm, ausgeplĂŒndert, entblöĂt und ungefeit trete ich in mein zehntes Jahr. Berennende TrĂ€nen sind ungeweint geblieben; der Hexe im MĂ€rchenbuch wurden nicht die Augen 510 ausgekratzt; die jubelnde Erleichterung ĂŒber die Rettung eines Helden habe ich nicht kennen gelernt; nie bin ich zu den phantastischen TrĂ€umen angeregt worden, die ich mir im Dunkeln erzĂ€hle. Ich weiĂ nicht, dass 515 Völker verschieden sind und doch einander Ă€hnlich. Meine Moral ist nicht entwickelt, ich leide an geistiger Auszehrung, meine Phantasie ist verkĂŒmmert. Vergleichen, urteilen fĂ€llt mir schwer. Schön und hĂ€sslich, 520 gut und böse sind schwankende, unsichrere Begriffe. Es steht schlecht um mich. [...] Tabula rasa. Ich bin am Ende. Mit den Wurzeln ausgerissen, ausgelöscht in mir eines der groĂen Abenteuer, die wir haben kön- 525 nen: vergleichend, prĂŒfend, sich abgrenzend allmĂ€hlich sich selbst sehen lernen. [...] Die Verwilderung wird zunehmen. Denn nun muss man weitergehen. Die feineren, schwer beweisbaren Wirkungen gilt es 530 auszutilgen, die dauernder Umgang mit BĂŒ- chern hervorbringt: die Ăbung und Differenzierung des psychischen Apparats; SchĂ€rfung der Sinne; Erweckung der Beobachtungslust, der FĂ€higkeit, Komik und Tragik 535 von Situationen zu sehen; Heiterkeit aus Vergleich mit Vergangenem zu ziehen; das Heroische als Ausnahme zu wĂŒrdigen, die es darstellt; und das Gewöhnliche, das sich immer wiederholt, gelassen zur Kenntnis zu 540 nehmen und womöglich zu lieben. Vor allem aber: zu staunen; unaufhörlich zu staunen ĂŒber seinesgleichen und sich selbst. Aber ich habe nicht gelesen. Nicht nur meine Vergangenheit ist mit 545 einem Schlag geĂ€ndert: meine Gegenwart ist dieselbe nicht mehr. Nun bleibt nur das Letzte zu tun: auch die Zukunft zu opfern. Ich werde niemals ein Buch lesen. Der Schrecken, der in diesem Satz 550 steckt, berĂŒhrt mich, den Nichtleser, nicht. Denn ich, ohne BĂŒcher, bin nicht ich.
Und auch ich bin ohne BĂŒcher nicht denkbar.

Daher schenke ich einem lieben Menschen, der hier bis einschlieĂlich 26. April 2015 Mitternacht einen Kommentar hinterlĂ€sst, bei
facebook kommentiert oder eine
E-Mail schreibt an mich, das HĂRBUCH "
Bella Clara" von Petra Durst-Benning.
Einzige Bedingung zur Teilnahme ist, dass ihr mir eine Möglichkeit gebt, mit Euch Kontakt aufnehmen zu können. Wenn ihr mir dann noch erzĂ€hlt, was Euch an BĂŒchern fasziniert, wie Euer Leben mit BĂŒchern aussieht oder mir etwas zu meinen Romanen hinterlasst, freue ich mich umso mehr! :) (Ebenso ĂŒber Likes fĂŒr meine
Facebookseite...)
Feiert den Welttag des Buches schön!
http://www.hoerbuch-hamburg.de/katalog/hh/detail/durst-benning-bella-clara-3008/
Ein Roman fĂŒr alle Sinne von Bestsellerautorin Petra Durst-Benning
1906: Clara Gropius kann die Herrschsucht ihres Mannes nicht mehr ertragen und lĂ€sst sich scheiden. Sie verliert alles, auch das Sorgerecht fĂŒr ihre Kinder. Mittellos versucht sie, an ihre Ausbildung in der Apotheke ihrer Eltern anzuknĂŒpfen. Doch als geschiedene Frau will niemand sie einstellen, alle behandeln sie wie eine AusgestoĂene. Clara hĂ€lt trotz aller WiderstĂ€nde
an ihren TrĂ€umen fest, zieht an den Bodensee und baut dort ein eigenes Unternehmen fĂŒr Naturkosmetik auf. Aber ihr beruflicher Erfolg und die Aufmerksamkeit der MĂ€nner können sie nicht ĂŒber die Sehnsucht nach ihren Kindern hinwegtrösten.
6 CDs, 450 Minuten Laufzeit
ISBN 978-3-89903-924-5