Irgendwie muss Nelly über die Runden kommen. Mit Mitte 30, zwei Kindern und ohne Mann, dafür mit abgebrochenem Studium, sind ihre Chancen gering. Aus der Not also entwickelt sie eine Tugend und eröffnet an der Bergstraße einen "Mittagstisch"; inoffiziell versteht sich. Bal stehen die zahlenden Gäste Schlange. Darunter auch der gut aussehende Elektriker Markus, leider in Begleitung der unausstehlichen Gretel, seiner Freundin. Doch um Gretel muss sich Nelly bald nicht mehr sorgen, immerhin weiß sie von deren Erdnussallergie.
Den Menüplan aufzustellen wird bald Nellys kleinstes Problem, denn um Markus' Gunst buhlt nicht nur sie. Wäre da nicht "der Kapitän", Nelly wäre ganz schön aufgeschmissen. Immerhin taucht dann noch zu allem Übel der Vater ihrer Kinder wieder auf und will diese mit in die USA nehmen. Typisch Ingrid Noll weiß sich ihre Protagonistin aber gewitzt zu helfen. Dies ist der einzige Überraschungsmoment im Roman, alles andere ist vorhersehbar, aber dennoch toll zu lesen. Endlich wieder ein gelungener Roman der Grand Dame des deutschen (und lokalen) Krimis! Einzig das Ende kommt verhältnismäßig schnell daher, als ob ein zügiges Ende der Autorin gerade gelegen gekommen wäre. Das ist schade und ein wenig enttäuschend. Aber immerhin habe ich mir mit diesem Roman mal wieder eine Nacht um die Ohren geschlagen.
Wohl bekomm's!
Ingrid Noll
Der Mittagstisch, Diogenes
ISBN 978-3-257-24370-3